“Mit Einbruch der Dämmerung steigt das Risiko für Radfahrer im Straßenverkehr deutlich an. Die Sichtverhältnisse verschlechtern sich, Radfahrer werden von anderen Verkehrsteilnehmern später oder gar nicht erkannt.“
Dies ist eine hartnäckige These, aber sind die Sichtverhältnisse tatsächlich einer der Hauptgründe für das erhöhte Risiko beim Radfahren?
Im Rahmen der Bearbeitung eines Projektes haben wir uns diese Frage angenommen und eine eindeutige Antwort gefunden.
Die Örtlichkeit der Untersuchung
- Einmündung an einer Landstraße mit eigener Linksabbiegerspur
- Einseitig angebauter Rad- und Fußweg der von beiden Richtungen befahren werden darf
- Keine Beleuchtung des Rad- und Fußweg

Die Datenerhebung
Um die Fragestellung zu beantworten, griffen wir auf unsere etablierte Methode zur Identifizierung und Analyse risikobehafteter Situationen zurück, die sich in der Vergangenheit als sehr erfolgreich erwiesen hat. Dabei wird der Verkehr mit unseren KI-gestützten, optischen Detektionseinheiten erfasst und die Bewegungen jedes einzelnen Verkehrsteilnehmers durch intelligente Algorithmen automatisiert analysiert. Im Rahmen des konkreten Projekts wurden die Interaktionen zwischen Rad- und Kfz-Verkehr über einen Zeitraum von fünf Monaten (November 2024 bis April 2025) analysiert, damit unterschiedliche Dämmerungsphasen und Lichtverhältnisse erfasst werden konnten.
Die Analyse
In diesem konkreten Beispiel wurde die Interaktion zwischen dem links abbiegenden Kfz-Verkehr und dem stadteinwärts fahrenden Radverkehr genauer untersucht. In die Analyse wurden 144 Interaktionen aus dem fünfmonatigen Untersuchungszeitraum einbezogen.
Zur Beurteilung der Kritikalität der erfassten Interaktionen wurden neben der Post-Encroachment-Time (PET) (weitere Informationen zur PET finden Sie in unserem Blogbeitrag) auch die Faktoren Trajektorienverlauf, Geschwindigkeit, Licht- und Witterungsverhältnisse einbezogen. Dies erfolgte durch unser neu entwickeltes, automatisiertes Verfahren, das eine schnelle und zuverlässige Analyse ermöglicht. Die Verteilung der kritischen Interaktionen über den Analysezeitraum kann dem nachfolgenden Bild entnommen werden. Dabei steht der Wert 1 für „sehr unkritisch” und der Wert 5 für „sehr kritisch”.

Es erfolgte eine Analyse der Kritikalität zweier Betrachtungszeiträume, die jeweils einen vergleichbaren Dämmerungsbeginn und -ende aufwiesen.
- Zeitraum 1: November und Dezember 2024 sowie Januar und Februar 2025
- Zeitraum 2: März 2025 und April 2025

Ein statistischer Test ergab einen signifikanten Unterschied zwischen den beiden betrachteten Zeiträumen, t(144) = 3.44, p = .0003
Das Ergebnis
Aus den vorliegenden Daten lässt sich der Einfluss der Dämmerung – und somit der Sichtverhältnisse – auf die Sicherheit der Interaktion zwischen Rad- und Kfz-Verkehr ableiten. Die Lichtverhältnisse während der Dämmerung sowie das Licht der Fahrräder (sofern vorhanden) reichen nicht aus, um die Radfahrenden für den motorisierten Verkehr früh genug bei einer nicht beleuchteten Kreuzung erkennbar zu machen.
Das Ergebnis wurde durch die Analyse von weiteren erfassten Interaktionen bestätigt und stellt keinen Einzelfall dar.
Fazit
Radfahrende ohne eigene Lichtquellen und Reflektoren sind im Dunkeln besonders gefährdet. Das Licht des Fahrrads sollte daher vor Fahrtantritt immer kontrolliert werden. Außerdem ist es sinnvoll, helle und reflektierende Kleidung zu tragen. Das bestätigen auch Studien der Bundesanstalt für Straßenwesen und des ADAC.
Als weitere Maßnahmen zur Verbesserung der Radverkehrssicherheit können Straßenlaternen als sekundäre Lichtquelle zur Beleuchtung von Rad- und Fußwegen dienen. Diese erhöhen die Sichtbarkeit von Radfahrenden deutlich, reichen in der Regel aber nicht aus, um als alleinige Lichtquelle genutzt zu werden (Quelle bast).
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